von Michael Stephan
"Sag niemals, dass etwas schön ist, bevor du nicht den Bayerischen Wald gesehen hast". Dass diese Aussage eines bekannten Literaten insbesondere auch heute zutrifft, zeigt ein Abstecher ins Arberland. Die Region um Arber, Zwiesel, Bodenmais und Viechtach zählt zu den beliebtesten Urlaubs-und Ausflugsregionen im Bayerischen Wald. Zudem gilt die Region nicht nur als "Glas-sondern auch als Kultur-Mekka" des Bayerischen Waldes.

Herausragend dabei: Die Glästerne Scheune von Raubühl bei Viechtach.
Eine bunte Glaswelt finden wir in der "Einöde" Raubühl zwischen Viechtach und Schönau im Landkreis Regen. Einen herrlichen Blick hat man von diesem Sonnenhang aus über zauberhafte Täler bis hin zum Pröller und glas01
Hirschenstein. Hier oben hat sich der Glasmaler Rudolf Schmid seinen Lebenstraum verwirklicht: Was Schmid, und nicht nur er, sondern mit ihm seine Frau und die gesamte Familie leisteten und noch leisten, welche Energie sie investieren, wieviel Entbehrung und Fleiß in dem Werk "Gläserne Scheune" stekcen, kann sich im Grunde niemand wirklich vorstellen.
Es ist einfach Wahnsinn, die Folgerung daraus-schöner, herrlicher, gläserner Wahnsinn.
Schmid lebte von Kindheit an in der Überzeugung, einmal etwas Außergewöhnliches zu vollbringen; seine Kindheit war wie in typischen Waldlerfamilien arm und karg. Er war das siebte von zehn Kindern, die um die Suppe oder den Kanten Brot betteln mussten. Er war immer ein Spitzenschüler gewesen, so auch in seiner Meisterklasse in Zwiesel. Wenn er Fernweh spürte, wanderte er quer durch ganz Deutschland. Er arbeitete als Designer und Musterzeichner, als Bauhilfsarbeiter, im Metallbau und in seinem Metier als Glasmaler. Schmid ist ein Künstler mit vielen Talenten; er ist Schreiner, Maurer, Galerist und dazu noch ein hintergründiger Philosoph. Aber in erster Linie ist er ein knorriger, eigensinninger und eigenwilliger Naturbursche, der vom einfachen Waldbauernbub zum gefeierten internationalen Glaskünstler aufgestiegen ist.
Ziel will er keines haben. "Der Weg ist das Leben". Ziel will er keines haben, nur Stationen. "Ziel ist die letzte Station: der Tod" meint er.
1980 begann in einem alten Holzstadel der Künstler seine Vision, sein großes Lebenswerk, nämlich den Tod und die Weissagungen der Propheten auf eine überdimensionale Glaswand hinzuzaubern. Ein rundes Türmchen an der Vorderseite der ehemals alten Scheune, aus dem ein monumentaler, grimmig dreinschauender bärtiger Kopf mit einem großen Hut und tiefer Krempe herauswächst. Beim näheren Hinsehen sind biografische Züge des Künstlers zu erkennen, fast schon ein Selbstporträt von Schmid.

Die Räuber Heigl-Glaswand
Das Schicksal dieses sagenumwobenen Räubers aus dem Bayerischen Wald ist teis in symbolhafter Form und teils in Form einer Moritat an der Außenseite des Raumes kraftvoll auf Glas gemalt. Das Bild erstreckt sich bis unter glas04
das Dach der Scheune; den Mittelpunkt des riesigen Glasgemäldes bildet ein Baum, aus dem das ganze Geschehen herauswächst. Der Räuber Heigl trieb sein Unwesen im Zellertal, aber auch im Böhmischen. Viele Jahre wurde er gejagt, ehe man dingfest machen konnte. In Straubing wurde er verurteilt und man verhängte die Todesstrafe über ihn. Das Volk schrieb ein Gnadengesuch an den König, dies wurde erhört und man schickte Heigl ins Zuchthaus, wo er während eines Streites mit einem Mithäftling von diesem getötet wurde.

Mühlhiasl-der Waldprophet
Sein Lebenswerk, so sieht er sein künstlerisches Schaffen selbst, ist angelehnt an Paul Friedls Roman über den Seher Mühlhiasl, "Der Waldprophet". Er möchte seine Glasgemäldewand , die das Geheimnis des Waldpropheten zeigt, nicht als geschichtliche Doumentation verstanden wissen, vielmehr als eine Legende, die er eigenwillig und eigenständig interpretiert. Er zeigt die Geschichte des Findelkindes Mühlhiasl, der sich als Stierhüter, Taglöhner glas03
und Müllerbursche (daher der Name Mühlhiasl) durchschlug. Seine Prophezeihungen sind zum Teil schon eingetroffen, wie z.B. die folgenden: "Die Zeit wird kommen, dass Menschen nicht mehr glauben". "Wagen werden einmal fahren, die keine Deichsel mehr haben" (Autos) oder: "Ein eiserner Hund wird durch den Wald bellen" (Eisenbahn). Die Prophezeihungen des Waldpropheten mahnen immerfort, sie sprechen Schwächen, Urängste, das Gewissen der Menschen schlechthin in einer beeindruckenden Weise an, dass sich jeder aufgefordert fühlen muss, Auswüchse seiner Zeit kritisch zu verfolgen und die Menschheit zur Besinnung aufzurufen. Schmid hat in einem Zyklus von 59 Szenen die Geschicke des angeblichen Sehers eindrucksvoll festgehalten. Besonders faszinierend dabei die Ausdruckskraft des Farbenspiels auf den großartigen (und großformatigen) Glasbildern, die beeindruckenden Bilderzählungen, die übersichtlich in szenische Ausschnitte aufgeteilt sind, wohltuend und informativ mit den jeweiligen Texten der faszinierenden Mühlhiasl-Szenerie. "Ich sehe den Mühlhiasl als ein Stück Volksgut des Bayerischen Waldes", so Schmid.
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Der Glaskünstler hat noch viele weitere Themen verarbeitet, wie die Biographie eines Glasveredlers aus dem Sudetenland und die Legende des Heiligen Franziskus mit der Geschichte des grimmigen Wolfes von Gubbio, den der hl. Franz zu großer Sanftmut zähmte. Schmid ist nicht nur ein Spezialist in Sachen Glas, er ist auch ein Naturtalent in der Schnitzkunst, deshalb kann man viele Skulpturen und Schnitzereien in der Gläsernen Scheune bestaunen. Ebenso beherrscht er die Lüftl-und Wandmalerei; ein eindrucksvolles Werk zur "Lüftlmalerei" ist an einem Giebel in einer Bäckerei in Steinbühl zum Thema Brot zu sehen.
Obwohl der über 80-jährige seinen Ruhestand bereits vor Jahren verkündet hat, scheint ihm die Untätigkeit nicht zu liegen. Seit aktuelles Bauprojekt, nur einen Steinwurf von der "Gläsernen Scheune" entfernt, ist ein Ausstellungspavillon, der auf 19 mal vier Metern Glas das spanische Heldenepos "El Cantar de mio Cid" erzählt. In dessen Zentrum steht der kastilische Ritter Rodrigo Diaz de Vivar. Auf die Frage, wie El Cid nach Raubühl passe, antwortet Schmid: "Alles, was Spanisch ist, geht mir unter die Haut".
Öffnungszeiten: 1. April bis 30. September täglich von 10 bis 17 Uhr - 1. Oktober bis 31. Oktober täglich von 10 bis 16 Uhr

Hinkommen:
Die Gläserne Scheune befindet sich ca. 5 km nordöstlich von Viechtach. Von der B 85 folgen Sie die Beschilderung in Richtung Lam - Arnbruck (ca. 3 km) bis zur Abfahrt Schönau. Ab hier 2 km in Richtung Schönau
Telefon: 09942-8147; Internet: www.glaeserne-scheune.de: Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Infos zur Region: Tourismusverband Viechtacher Land, Stadtpaltz 1, 94234 Viechtach, Tel. 09942-1661 oder touristisches Service Center Arberland, Amtsgerichtsstraße 6-8, 94209 Regen, Tel. 09921-96050 oder kostenlose Hotline: 0800/272375263
Internet: www.touristisches-service-center.de
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