Von Michael Stephan
Raus in die Natur, das Gedankenkarussell abschalten, die Umgebung achtsam wahrnehmen, sich eine Auszeit nehmen oder Spiritualität suchen. "Wir alle sind Pilger, die auf ganz verschiedenen Wegen einem gemeinsamen Treffpunkt zuwandern" (Antoine de Saint-Exupery". Unser gemeinsamer Treffpunkt ist die päpstliche Basilika (Basilica minor) St. Benedikt in Benediktbeuern im Tölzer Land.

Die beiden Zwiebeltürme der Basilika sind schon von weitem zu sehen und laden freundlich zu einem Besuch im Klosterdorf Benediktbeuern ein. Ob Wallfahrer, Pilger oder Kunstliebhaber; Sie erleben Momente der Stille und der inneren Einkehr. Die Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos hat sich vor allem der Aus- und Weiterbildung junger Menschen verschrieben. Viele Schulklassen und Benediktbeuern02
Studenten bevölkern deshalb den Ort und das Kloster mit seinen Jugendherbergen, Umweltbildungsstätten und Hochschule und verbinden so Tradition mit Moderne.
Die ehemalige Klosterkirche St. Benedikt des Benediktinerklosters Benediktbeuern wurde nach 1803 (Säkularistion) Pfarrkirche. Die Anfänge des Klosters liegen um 725/728. Damals gründete Karl Martell Buron – das heutige Benediktbeuern) als Kontrollstation am Eingang in die Berge über Kesselberg und oberes Loisachtal mit der Römerstraße Richtung Brennerpass nach Süden und Richtung Augsburg nach Norden. Erzbischof Bonifatius weihte 739 die erste Kirche ein und setzte den Alemannen Lantfrid in sein Amt als erster Abt ein. Wie Kochel, Schlehdorf, Wörth am Staffelsee, Benediktbeuern03

Wessobrunn, Polling und Tegernsee gehört Benediktbeuern zu den frühesten bedeutendsten Missions- und Kulturstätten Oberbayerns. Nach Traditionszeugnissen schenkte Kaiser Karl d. Große dem Kloster die heute noch in der Pfarrkirche aufbewahrte Armreliquie des Hl. Benedikt, durch die sich der Name Buron spätestens im 13. Jh. in Benediktbeuern änderte. Neben Monte Cassino und St. Benoit sur Loire wurde Benediktbeuern zum wichtigsten Kultort des abendländischen Mönchsvaters St. Benedikt. Ab 1669 entstand die barocke Klosteranlage durch die bedeutendsten Künstler jener Zeit wie Georg Asam und J.B. Zimmermann. Die Säkularisation von 1803 beendete die Tätigkeit der Benediktiner. Unter weltlichem Besitz arbeitete hier ab 1808 Joseph von Fraunhofer. Im Jahr 1930 erwarben die Salesianer Don Boscos die Klosteranlage. Sie erfüllen die Klosteranlage mit neuem Leben.
Benediktbeuern04

Der Heilige Benedikt von Nursia gilt als Vater des abendländischen Mönchstums und als Patron Europas. Er begründete den Benediktinerorden, der nach seinem berühmten Wahlspruch "ora et labora", also "bete und arbeite" wirkt. 1973 erhob Papst Paul VI. die ehemalige Klosterkirche und jetzige Pfarrkirche St. Benedikt zur päpstlichen "Basilica minor" und empfahl sie somit nachdrücklich als Wallfahrtsort zum Hl. Benedikt.
Benediktbeuern trägt übrigens als einzige Gemeinde Deutschlands den Namen des Heiligen im Ortsnamen und auch der Hausberg Benediktenwand (1801 m) ist nach ihm benannt. Der deutsche Papst Joseph Ratzinger wählte 2005 ebenfalls den Namen Benedikt für sein Pontifikat.
Für Wallfahrtsgruppen, die das Kloster und die 1681 bis 1686 im Hochbarock erbaute Basilika mit dem Hauptaltarbild des Hl. Benedikt besuchen, ist der feierliche Schlusssegen der Pilgermesse oder Andacht mit der in Silber gefassten Benediktusreliquie ein immer in Erinnerung bleibender Moment.
An der Nordostecke der Basilika befindet sich die 1751 bis 1753 errichtete Anastasiakapelle, die als einzigartiges Rokokojuwel gilt. Sie ist der Hl. Anastasia gewidmet – einer Märtyrerin, die in der Christenverfolgung 305 unter Kaiser Diokletian ums Leben kam und bei der vor allem ältere Menschen mit Kopf- und Nervenleiden Hilfe suchen. 1053 kamen Reliquien von ihr, insbesondere die Kopfschale, nach Benediktbeuern. Die Reliquien werden in einer edlen Silberbüste aufbewahrt. Am ersten Weihnachtsfeiertag und am Pfingstmontag findet eine feierliche Andacht statt, an der den Gläubigen die Reliquie "aufgesetzt" wird. Doch auch im Rahmen von Pilgerandachten und –messen ist das Aufsetzen der Reliquie möglich. Vermehrt kommen russisch-orthodoxe Pilger, um sich den Segen der Heiligen zu erbitten.
An der Nordseite der Basilika steht seit dem 17. Jh. die Leonhardi-Säule, die als Wallfahrtziel errichtet wurde. Sie ist eines der bedeutendsten Leonhardi-Denkmäler im Oberland und hat im Aufbau die Münchener Mariensäule zum Vorbild. Die Bronzestatue von 1991 ist ein Nachguss der 1990 bei einem Sturm herabgestürzten und zerborstenen älteren Zinkfigur. Der aus Frankreich stammende Heilige hat um das Jahr 500 gelebt und gilt als Patron der Gefangenen und der Stalltiere, vor allem der Pferde. In Benediktbeuern findet alljährlich an dem Sonntag, der dem 6. November am nächsten ist, eine Leonhardifahrt mit Segnung der Pferde statt.
Das Benediktbeurer Rezeptar – Klosterheilkunde aus dem Mittelalter – Kräutergeschichte aus der Region. Im Mittelalter prägten Klöster die abendländische Arzneikunde. Nonnen und Mönche kultivierten in Klostergärten Gemüse, Gewürze, Arzneikräuter sowie Zierpflanzen und verfassten Bücher über deren heilsame Wirkung (Hildegard von Bingen). Häufig übernahmen die Klöster die gesamte medizinische Versorgung: Neben der Funktion des Arztes und Pflegers, hatten sich damals gleichzeitig das Amt des Apothekers inne. Die Weitergabe dieses medizinischen und pharmazeutischen Wissens blieb zunächst auf die Abteien beschränkt, da es im lateinischer Sprache niedergeschrieben war. Um die Pflanzenheilkunde auch der örtlichen Bevölkerung zugänglich zu machen, übersetzten einzelne Mönche im Laufe des Mittelalters die heilkundlichen Werke oder Teile davon, ins Mittelhochdeutsche. Daraus entstand das sogenannte "Benediktbeurer Receptar". Es ist eine der ältesten erhaltenen medizinischen Handschriften aus dem bayerischen Raum, die im 13. Jh. verfasst wurden. Einzelne darin enthaltene Rezepte sind wesentlich älter. Im Kräuter-Erlebnis-Park gibt es Beete mit den Pflanzen des Receptars. Der Grundriss des Meditationsgartens an der Westseite der Klosteranlage orientiert sich an dem berühmten Bodenlabyrinth der Kathedrale von Chartres. Ohne Kreuzungen und Sackgassen wird man auf dem 160 m langen Natursteinweg an vier Beetkreisen (Kräuter für alle Sinne, Kräuter die Heilen, Kräuter für die Küche, Symbolkräuter) entlang bis zum Brunnen in der Mitte geleitet. Der Garten regt zu einer intensiven sinnlichen Wahrnehmung der Pflanzen und zur Besinnung an.
Überlastung, Zweifel oder ganz einfach das Bedürfnis, Ruhe zu finden und mit sich selbst ins Reine zu kommen? Im Kloster Benediktbeuern bietet Pater Dr. Boekholt eine besondere Auszeit vom Alltag an – seit 20 Jahren. Vor der Kulisse von Benediktenwand und Herzogstand, in Fußreichweite zum Kochelsee und inmitten des wunderschönen Klosterareals und seiner Gärten empfängt der Salesianer Don Boscos wöchentlich bis zu drei Gäste zu Einzelexerzitien. Je nach Bedarf nimmt er sich Zeit für intensive Einzelgespräche und leitet seine Besucher zu ausgedehnten Streifzügen durch die intakte Natur des Tölzer Landes ein. Daneben bleibt ausreichend Zeit, um die Stille ebenso so genießen wie die einzigartigen Räumlichkeiten des Klosters. Ob weltliche oder geistliche Unklarheiten, Pater Dr. Boekholt versucht alle Fragen im Gespräch zu klären und eine Achtsamkeit anzuregen, die Elemente der Reflexion, Ruhe, Auseinandersetzung und auch des "Sich etwas Gönnens" beinhaltet. Das Angebot ist nach Verfügbarkeit ganzjährig buchbar. Teilnehmer erhalten für rund 50 Euro pro Nacht ein ruhiges Einzelzimmer im Kloster inklusive Halbpension. Die Gespräche sind kostenfrei, können aber gerne durch Spenden für eines der Hilfsprojekte des Ordens honoriert werden.
Infos: Kloster Benediktbeuern, Don-Bosco-Straße 1, 83671 Benediktbeuern; Tel. 08857/692890; www.kloster-benediktbeuern.de
Gästeinformation Benediktbeuern; Prälatenstraße 3, 83671 Benediktbeuern, Tel. 08857 248; www. benediktbeuern.de
Tölzer Land Tourismus; Prof.-Max-Lang Platz 1, 83646 Bad Tölz, Tel. 08041 505206