Von Michael Stephan
Sanft gleitet der Schlitten über den Schnee. In der stillen Winterlandschaft ist nur das Hecheln der Hunde zu hören. Einmal im Leben Musher sein – im Husky – Hof Dreisessel in Neureichenau – tief im Bayerischen Wald gelegen – ist dies möglich. Regungslos wie eine Statue steht er da. Die Ohren gespitzt und in konzentrierter Alarmbereitschaft, beobachtet er das Geschehen.
„Magic“, der Rüde aus Neureichenau ist ein Bild von einem Hund. „Und ein Leittier mit Leib und Seele. Am liebsten führt er sein Team an“, so beschreibt ihn Kilyan Klotsch. Und der muss es schließlich wissen. Quasi als Oberboss ist er Herr von 14 Hunden, kennt als Chef des Rudels der charakterstarken, energievollen Alaskan Malamutes jeden Wesenszug, jede Stärke und Schwäche, jeder Marotte
seiner Schützlinge. Wie bei uns Menschen gibt es in der Gruppe Eifrige, Faule, Blitzgescheite, Schüchterne und auch Witzbolde.
Tiefer Winter im Bayerischen Wald; ein perfekter Tag für ein einmaliges Abenteuer im Schnee. Im Husky-Hof werden wir von einem vielstimmigen Freudengeheul begrüßt, machen uns vertraut mit den Vierbeinern, die sich neugierig nähern. Einmal im Leben ein Hundegespann durch die Winterlandschaft lenken. Wie ein echter Musher auf dem Schlitten stehen, das Gefährt nur durch gerufene
Kommandos, die vom Leithund umgesetzt werden, dirigieren. Mitten durch eine glitzernde Schneewelt gleiten, den Fahrtwind im Gesicht, das leise Hecheln der Hunde, das Knirschen der Kufen im Ohr – ein beglückendes Gefühl. Das sonst aus Alaska oder dem hohen Norden bekannte Abenteuer ist hierzulande in verschiedenen Bergregionen möglich. So auch im erwähnten Neureichenau. Dort werden neben halb- und ganztägigen Trails auch ausgedehnte Touren sowie Schneeschuhwanderungen mit den Tieren angeboten. „Bereits in unseren halbtägigen Programmen lernen die Gäste, was es im Umgang mit den Hunden braucht, wie sie gefüttert, gepflegt, trainiert werden, wie ihre Rangordnung funktioniert, wie sie leben. Die Gäste helfen zudem beim An- und Ausschirren. Magic, Inari,
Karhou und ihre Artgenossen drängen sich erwartungsvoll , warten sehnsüchtig auf die Ausfahrt. Sie haben bereits ihre Fleischbrühe geschlabbert – eine Suppe, durch die sie viel Wasser aufnehmen können. „Das brauchen sie, bevor sie arbeiten, sonst schnappen sie ständig nach Schnee“ sagt Kilyan Klotsch. Und schon bald geht es munter los, hallt fröhlich das animierende „Go, go, go“ durch die Schneelandschaft. Die Hunde sind im Element, entwickeln eine eindrückliche Zugkraft, wenn sie freudig loslegen. Viel zu schnell ist die Ausfahrt an diesem Tag zu Ende, und es geht zurück zur Lodge, wo die Hunde versorgt werden. Selbstverständlich kommt auch das Flattieren nicht zu kurz.
Alaskan Malamutes werden bis zu 65 Zentimeter hoch und 40 Kilogramm schwer. Die drei bereits erwähnten Hunde Magic, Inari und Karhou sind gerade ausgewachsen. „Wenn man so viel trainiert wie wir, möchte man sich natürlich auch mit anderen messen und schauen, wo man steht und ob sich die Arbeit gelohnt hat“ sagt Klotsch, der vor einigen Jahren Jahren mit „Jack“ seinen ersten
Vierbeiner aus dem Tierheim holte. Die extrem kinderlieben Alaskan Malamutes bezeichnet er als „Lokomotiven des Nordens“, die vom Inuit-Stamm der Malamiut gezüchtet wurden. Über Jahrhunderte lebten Alaskan Malamutes als enge Gefährten der Inuit in der arktischen Tundra, bis „Weiße“ die größten aller Schlittenhunderte für sich entdeckten. „Weil diese Völker nie viel zu essen hatten, mussten sich auch die Hunde an wenig Nahrung gewöhnen“. Klotschs genügsame Tiere kommen mit nur 300 Gramm pro Hund und Tag aus – es gibt Angus-Rind und Trockenfutter, „das mögen sie am liebsten“. Alles begann auf dem späteren Huskyhof Dreisessel also mit einem Hund: „Das war ein großer Fehler“ lacht Kilyan Klotsch heute. Denn Jack stellte erst einmal das Haus auf den Kopf, fraß Teppiche und grub den Garten um. Erst als ein zweiter Hund dazu kam, wurde Jack ruhiger und legte ein besseres Benehmen an den Tag. Es wurden immer mehr Tiere, ein Rennteam entstand. Mittlerweile bieten Andrea Rothmayer und Kilyan Klotsch neben einem reichhaltigen Programm – unter anderem mit behinderten Menschen, obwohl ihre Tiere keine Therapiehunde sind – auch Workshops für Erwachsene und Schulungen für Schulklassen an.
Erzieherin, Reittherapeutin, Pferdefrau, Hundefrau, Künstlerin….und noch vieles mehr, so beschreibt Andrea Rothmayer lachend ihre Tätigkeit hier auf dem Hof. Lange Jahre war sie im Rosenheimer Raum als Reittherapeutin mit besonderem Schwerpunkt in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen selbstständig tätig. Seit Herbst 2013 bin ich nun hier in Neureichenau auf unserem Husky- und Pferdehof (vier Reit- und Therapiepferde stehen hier auf der Koppel).
Wer zum ersten Mal zu Andrea und Kilyan kommt ist begeistert – und er kommt wieder, wetten?!
Infos: Huskyhof Dreisessel, Kilyan Klotsch und Andrea Rothmayer, Branntweinhäuser 46, 94089 Neureichenau; Tel. 08583 9791886; www.huskyhof-dreisessel.de
Hinkommen: mit dem Auto: A 6 Nürnberg-A 3 vorbei an Regensburg-bis Ausfahrt Passau-weiter auf B 12 bis Waldkirchen und von dort auf Landstraße nach Neureichenau
Mit der Bahn: über Nürnberg nach Passau-mit Bus nach Waldkirchen nach Neureichenau
Infos: Ferienregion Bayerischer Wald GmbH, Konrad-Wilsdorfer-Str. 1, 94518 Spiegelau; Tel.08553-979270; aber auch aus der Ferienregion ARBERLAND ist Neureichenau gut zu erreichen. Infos: Arberland Regio GmbH, Amtsgerichtsstr. 6-8, 94209 Regen, Tel. 09921-96050; www.arberland.de