"Wir wissen, wie viele Menschen sich jedes Jahr auf den Besuch an der Weihnachtskrippe im Dom freuen und wie groß gerade in diesem Jahr die Sehnsucht nach gewohnten Weihnachtsritualen ist. Die Entscheidung, die Krippenlandschaft in diesem Jahr im Dom nicht aufzubauen, ist uns daher auch sehr schwer gefallen", sagt Domdekan Dr. Christoph Kohl.

Aber das war noch nicht das Ende der Geschichte: "Wir haben nach einer anderen Lösung gesucht und diese glücklicherweise auch gefunden", freut sich der Domdekan.
Im Dom selbst ist ein Aufbau in diesem Jahr nicht möglich, weil die zu erwartenden Menschenansammlungen ein zu großes Sicherheitsrisiko mit sich bringen würden. Ideen, wie einen Aufbau der Krippe im Domgarten oder in der Vorhalle, wurden mit Rücksicht auf mögliche Beeinträchtigungen für die Holzfiguren wieder verworfen. Dann kam die Idee auf, bei den inhabergeführten Geschäften in der Innenstadt nachzufragen, ob in deren Schaufenstern die Krippe gezeigt werden könne. Dort stieß Domdekan Dr. Kohl sofort auf offene Ohren. "Ich fand die Idee, die Heilige Familie in meinem Schaufenster zu beherbergen einfach wunderbar. So kann das Christuskind zu den Menschen kommen ", so Peter Bödeker, Inhaber der Schuhhaus Bödeker GmbH und Vorsitzender der Leitungsgemeinschaft "Das Herz Speyers.
Zwar gilt auch vor den Schaufenstern Maskenpflicht und Abstand, dafür ist draußen die Ansteckungsgefahr wesentlich geringer, und die Krippe kann zu jeder Tages- und Nachtzeit besucht werden. Um die Aufmerksamkeit etwas zu verteilen, hatte Domdekan Dr. Kohl zusammen mit Obersakristan Markus Belz die Idee, die Krippe in einzelne Szenen aufzuteilen. Schließich sind die Gruppen der Heiligen drei Könige, Hirten samt Herden, einzelner staunender Menschen, der himmlischen Heerscharen und der Heiligen Familie sonst auch im Dom über eine relativ große Fläche verteilt. Nachdem Peter Bödeker die Mitglieder der Leistungsgemeinschaft informiert hat, wird im nächsten Schritt das Domkapitel mit den interessierten Geschäftsleuten klären, wo welche Figuren unterkommen können. Eine Liste der einzelnen Krippenstationen wird veröffentlicht, sobald die Beteiligungen feststehen.
Dass die Krippe gezeigt wird freut vor allem auch den "leitenden Krippenbauer am Dom" Sakristan Markus Belz: "Der Krippenaufbau ist für uns Sakristane immer eine besonders schöne Aufgabe. Aber auch wir müssen der Realität ins Auge sehen. Gerne werden wir den Geschäftsinhabern mit Rat und Tat zur Seite stehen", sagt Belz. "Und die Figuren kommen auch mal raus und sehen was von der Stadt", fügt er augenzwinkernd hinzu. Er freut sich schon auf den Weihnachtsspaziergang, den er zusammen mit seiner Frau und seinem krippenbegeisterten 11-jährigen Sohn unternehmen will, um die Figuren in ihrer neuen Umgebung zu besuchen.
Und auch wenn manches in diesem Jahr anders ist – eines bleibt: Maria und das Jesuskind kommen erst am 24. Dezember in das Fenster, dann, wenn Christi Geburt gefeiert wird. Schließlich ist eine Krippe nicht bloße Weihnachtsdeko sondern veranschaulicht die christliche Botschaft der Menschwerdung Gottes. Jede Figur hat dabei ihre eigene Bedeutung. Um den Betrachtern näher zu bringen, ist vorgesehen, an den einzelnen Fenstern QR-Codes anzubringen, über die mit dem Handy Hintergrundinformationen abrufbar sind.
Die Figuren der Speyerer Domkrippe
Die Grundausstattung der Speyerer Domkrippe mit der Heiligen Familie schnitzte in den 1920er-Jahren der Münchner Bildhauer Otto Zehentbauer. Der Münchner Professor an der Akademie der Bildenden Künste war bekannt für seine Hochaltäre und Kirchenkreuze. Nach seinem Kriegseinsatz 1918 schuf er Krippen für zahlreiche Gotteshäuser; so auch für den Dom zu Aachen. Zehentbauers Figuren zeigen eine große Vielfalt und Ausdruckskraft. Sie sind mit viel Liebe und Sorgfalt geschnitzt. Kleinigkeiten sind exakt herausgearbeitet, dadurch wirken die Figuren lebensnah und natürlich. Ergänzt wurde die Krippe später durch einige Figuren des Bildhauers Filip Piccolruaz aus St. Ulrich im Grödner Tal (Südtirol). Er schnitzte unter anderem Reittiere für die drei Weisen: ein Dromedar, einen Elefanten mit Treiber sowie ein Pferd mit Pferdeführer.
Die Bedeutung der Weihnachtskrippen
Die figürliche Darstellung der Geburt Christi hat eine lange Tradition. Der heilige Franz von Assisi, nach dem Papst Franziskus seinen Namen gewählt hat, stellte das Geschehen im Stall von Bethlehem mit lebendigen Tieren nach. Figürliche Weihnachtskrippen, wie wir sie heute kennen, gibt es in Europa seit dem 16. Jahrhundert. Den Anfang machte das Jesuskind mit der Heiligen Jungfrau Maria. Noch vor dem heiligen Josef kamen Ochs und Esel dazu. Im Laufe der Zeit wurden die Weihnachtskrippen immer bild- und damit figurenreicher. Weihnachtskrippen haben theologisch die Funktion, die Menschwerdung Gottes auf anschauliche und faszinierende Art und Weise erfahrbar zu machen.
Foto: (Domkapitel Speyer / Christoph Kohl)