Von Klaus Stein
Von einer sich immer dramatischer zuspitzenden Corona-Lage in Speyer und der ganzen Region berichteten Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler sowie Vertreter*innen aus dem medizinischen Bereich bei der wieder aufgenommenen wöchentlichen Video-Medienkonferenz der Stadt, Die Inzidenzwerte seien "rasant angestiegen", informierte die Oberbürgermeisterin, sie stehe heute bei fast 500.

Alleine heute kamen 82 Neuinfizierte dazu. Es seien überwiegend Menschen ohne oder nicht ausreichendem Impfschutz, die in dieser vierten Welle erkrankten. Allerdings gebe es auch sogenannte Impfdurchbrüche bei geimpften.
Kritisch sei die Lage auch an den Schulen, ein Drittel der aktuell Infizierten seien Kinder und Jugendliche.
Bei den PCR-tests sieht sich Speyer von den Umlandgemeinden im Stich gelassen, denn das Testzentrum werde von vielen aus dem Umland genutzt, da es dort keine Testmöglichkeit gebe. Deshalb habe Seiler in einem Schreiben an Landrat Clemens Körner sowie alle Bürgermeister*innen den fünf verbandsfreien Gemeinden und den fünf Verbandsgemeinden im Rhein-Pfalz-Kreis mehr Initiative beim Testen angemahnt.
Gleichzeitig kündigte die Stadtchefin weitere Einschränkungen im öffentlichen Raum an. Noch heute (Freitag) sei eine Videoschalte mit dem Landes-Gesundheitsminister geplant, um das weitere Vorgehen beispielsweise bei den Weihnachtsmärkten zu besprechen: "Wir haben bereits die Schließung des Weihnachtsmarkts ab 18 Uhr angeordnet. Es ist aber sicher, dass es weitere Maßnahmen geben wird bis hin zur endgültigen Schließung", so Seiler.
Feuerwehrschef Peter Eymann bekräftigte die Aussagen der OB zum Testen. Während man in den Kitas ziemlich lückenlos tese, sei die Situation in den Schulen trotz vieler Infektionen kompliziert. Beispielsweise seien PCR-Reihentests nicht erlaubt, so Eymann. Deshalb habe man nur ein diffuses Bild von der Lage in den Schulen. Insgesamt sei es wegen der großen Nachfrage schwierig, Testmaterialien zu bekommen.
Die Bundeswehr wird in Speyer nicht mehr eingesetzt, denn sie werde in den besonders betroffenen Regionen in Bayer, Sachsen und Thüringen dringender benötigt.
"Die Pandemie hat eine äußerst brisante Dynamik", sagte der ärztliche Berater der Stadt, Dr. Klaus-Peter Wresch. Zwar sei Impfen essentiell notwendig, verhindere aber eher eine fünfte Welle. Er plädierte für sofortige Kontaktbeschränkungen, um die laufender vierte Welle zu brechen. Auch sprach er sich für eine Impfpflicht aus und legte eine Boosterimpfung ans Herz. Das sei auch im Hinblick auf die neue Mutation aus Südafrika wichtig bei der man nicht wisse, inwieweit die heutigen Impfstoffe wirkten.
"Die Situation in den Krankenhäusern nicht nur in Speyer sondern in der ganzen Region zeigt ein erschreckendes Bild." Für die Ärztin Dr. Cornelia Leszinski ist man nicht mehr weit von einer Triage entfernt, der Auswahl, wer behandelt werde und wer nicht. Im St. Vincentius Krankenhaus, in dem sie arbeite, gebe es nur noch zwei Intensivbetten. Die Hälftesei  von Covis-19 Patienten belegt. Deshalb würden Operationen reduziert.
Es sei auch nicht möglich, weitere Intensivbetten zu aktivieren, denn es fehle das dazu notwendige Personal.
"Das Personal in den Kliniken und Testeinrichtungen geht auf dem Zahnfleisch. Die unterschiedlichen Aussagen bis hin zu einem Freedom-Day entgegen der wissenschaftlichen Aussagen machen mich wütend", merkte die Oberbürgermeisterin in sehr persönlichen Worten an. "Es darf nicht passieren, dass wir die Ratschläge der Wissenschaftler aus dem Blick verlieren. Das können und dürfen wir uns nicht erlauben, sie als Gesellschaft infrage zu stellen."