Schützenhilfe bekommt die Bürgerinitiative "Rettet den Industriehof Speyer" jetzt auch von überörtlicher Seit. In einem offenen Brief wendet sich der Verein "Rhein-Neckar-Industriekultur e.V." an die Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler wegen des Erhalts der ehemaligen Celluloid-Fabrik, heute 'Industriehof'.


Barbara Ritter vom Vorstand des Vereins äußert darin erhebliche Bedenken gegen das geplante "Urbane Gebiet" und fordert, dass die Stadtverwaltung den Investoren den Weg nicht freimacht, auf dem Industriehof drastische bauliche Änderungen vorzunehmen, solange der Prozess der Unterschutzstellung noch läuft.

"Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Seiler,
mit Sorge blickt der Verein Rhein-Neckar-Industriekultur auf die Entwicklung rund um die ehemalige Celluloid-Fabrik Kirrmeier in Speyerer, die seit Jahrzehnten als Industriehof genutzt wird. Es handelt sich hierbei um die letzte, in ihrer baulichen Struktur vollständig erhaltene Celluloid-Fabrik in ganz Europa. Die rheinland-pfälzische Denkmalschutzbehörde hat die Anlage kürzlich als Kulturdenkmal anerkannt. Derzeit wird der wissenschaftliche Nachweis durch die Generaldirektion Kulturelles Erbe in Mainz erarbeitet, danach erfolgt die Listeneintragung.

Ist der Erhalt als einzigartiges Industriedenkmal damit gesichert?
Trotz der Aktivitäten des Denkmalschutzes besteht um den künftigen Umgang mit dem Fabrikgelände größte Unsicherheit. Es geht um die mögliche neue Nutzung des Fabrikgeländes und seiner Bauten durch den Investor, der das Gelände im letzten Jahr erworben hat. In seinem Leitbild auf dessen Webseite ist viel die Rede von 'Wohnen', 'baulichen Ergänzungen und Erweiterungen', 'Aufstockung', 'Verdichtung und ergänzenden Bauten'.
Konkrete Pläne sind noch nicht veröffentlicht. Doch die Bedenken, dass der derzeitige Charakter des Industriehofs grundsätzlich verändert werden soll, sind berechtigt. Die betrifft nicht nur die Zusammensetzung der gewerblichen Mieter und Bewohner, sondern auch den Charakter als flächiges Industriedenkmal. Gerade die aus Sicherheitsgründen weiträumige Bebauung mit überwiegend niedrigen Bauten macht den Charakter einer Celluloid-Fabrik aus.
In dieser unsicheren Situation kommt hinzu, dass der Speyerer Bauausschuss dieses Gewerbegebiet nun als "Urbanes Gebiet" ausweisen will. Dies steht im Widerspruch zum mit großer Mehrheit gefassten Beschluss des Speyerer Gemeinderats vom vergangenen Jahr, der das Gebiet als Gewerbegebiet ausweist. Ein Beschluss der intensiv auch in der Öffentlichkeit diskutiert und begrüßt wurde.
Die Bürgerinitiative "Rettet den Industriehof" hat zurecht erhebliche Bedenken und kritisiert das Vorgehen der Verwaltung scharf, denn beim 'urbanen Gebiet' hat die Wohnnutzung Vorrang, Gewerbe ist nur eingeschränkt zulässig, wenn es 'das Wohnen nicht erheblich stört'. Es wäre fatal, wenn die Stadt jetzt den Investoren den Weg freimacht, auf dem Industriehof drastische bauliche Änderungen vorzunehmen, solange der Prozess der Unterschutzstellung noch läuft. Die Stadt und die Investoren sind aufgefordert, konkret zu belegen, wie sie den Charakter dieses bedeutenden Industriedenkmals erhalten wollen."

Info: www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/ehem-celluloidfabrik-heute-industriehof-speyer